Zahnfleisch ( Gingiva ) und Maulschleimhaut ( Stoma )
Die Schleimhaut der Maulhöhle ist aufgeteilt in das dem Zahnhalteapparat zuzuordnende Zahnfleisch ( Gingiva ), und der eigentlichen Maulschleimhaut ( Stoma ). Das Zahnfleisch umschließt manschettenförmig den Zahnhals und dichtet so die Zahnwurzel zur Mundhöhle hin ab. Richtung Zahnwurzel überzieht sie den Alveolarknochen und endet mit einer deutlich sichtbaren Grenzlinie, die den Übergang zur Maulschleimhaut bildet. Die Maulschleimhaut bedeckt den gesamten Maulhöhlenraum und wird je nach Lokalisation extra benannt. So bezeichnet man die Wangenschleimhaut als buccale Schleimhaut, die Gaumenschleimhaut als palatinale Schleimhaut und so fort. Eine genaue Zuordnung ist für die Unterscheidung verschiedener Erkrankungen wichtig, da bestimmte Lokalisationen der Schleimhaut bei verschiednen Krankheiten unterschiedlich stark betroffen sein können. Weist die Schleimhaut eine Entzündung auf, so wird an die entsprechende Bezeichnung die Endung „-itis“ angefügt. Eine Entzündung des Zahnfleisches heißt also „Gingivitis“, eine Entzündung der Maulschleimhaut „Stomatitis“
Zahnfleischentzündung / Gingivitis
Die bakterielle Besiedlung der Zahnoberfläche führt im Kontaktbereich mit der Gingiva auch zu einer erhöhten Infektgefahr für die Schleimhaut. In einer intakten Maulhöhle sind die lokalen Abwehrmechansimen ausreichend, um diese Besiedlung in einem gesunden Gleichgewicht zu halten. In bestimmten Situationen kann dieses Gleichgewicht jedoch gestört werden, so das die Bakterien in das Gewebe eindringen und so eine Entzündung auslösen können. Eine verstärkte Ansammlung von Plaque und Zahnstein ist als Auslöser ebenso denkbar wie das Eindringen von Fremdkörpern, die reaktive Entzündung bei der FORL Typ 1 Erkrankung oder die Schwächung des Immunsystems bei verschiedenen Virusinfektionen. In fortgeschrittenem Stadium kann durch die Zugehörigkeit der Gingiva zum Zahnhalteapparat auch die Stabilität der Zahnbefestigung in Mitleidenschaft gezogen werden.
Die Therapie der Gingivitis erfordert also zunächst die Ermittlung und Abstellung der Ursache, um eine dauerhafte Heilung möglich zu machen.
Vor der Behandlung
Massiver Zahnsteinbefall. Besonders stark betroffen sind die Backenzähne des Oberkiefer. Der Zahnstein schiebt sich bereits über das Zahnfleisch hinaus. Am hinteren Ende der Zahnsteinzubildung ist bereits vor der Behandlung ein Teil der entzündeten Gingiva zu erkennen
Nach der Behandlung
Der Zahnstein ist mittels Ultraschall entfernt worden. Die Entzündung der Gingiva ist deutlich an ihrer roten Färbung und der Schwellung zu erkennen. Die Zahnoberfläche ist intakt, so dass eine Ausheilung der Entzündung erwartet werden kann. Eine häusliche Maulhygiene wäre für diesen Patienten empfehlenswert, da dies die erneute Plaqueanlagerung verzögern würde und die Gingiva abheilen kann.
Im Verlauf dieser Erkrankung kommt es neben der Auflöung der Zahnhartsubstanz auch zu einer Entzündugsreaktion des umgebenden Weichteilgewebes. Im Bild links ist im Zahnhalsbereich ein Defekt der Zahnkrone sichtbar, in den sich die entzündete Gingiva geschoben hat. Eine Abheilung der Gingiva ist nur durch die Entfernung des betroffenen Zahnes zu erwarten.
Vor der Behandlung
Das Bild zeigt eine erst 18 Monate alte Katze, die fast keinen Zahnstein und nur einen geringen Gehalt an Zahnbelag aufwies. Trotzdem ist die Gingiva hochgradig entzündet und geschwollen, die Backenzähne des Oberkiefer sind teilweise überwuchert. Zu beachten ist hierbei der abrupte Übergang des entzündeten Zahnfleisch in die nicht entzündete Maulschleimhaut. Diese Trennungslinie entspricht der Grenzlinie zwischen Zahnfleisch und Maulschleimhaut.
Vor der Behandlung
Das Bild zeigt den selben Patienten in der Ansicht auf den Oberkiefer. Die Gaumenschleimhaut ist nicht betroffen, die Entzündung beschränkt sich auf das die Zähne umschließende Zahnfleisch.
Die Behandlung bestand in einer operativen Entfernung des überschießend gebildeten Zahnfleisch und einer Parodontalbehandlung mit Entfernung der Zahnbeläge und anschließenden Politur der Zahnoberflächen. Eine Antibiotikatherapie wurde im Anschluß durchgeführt
Nach der Behandlung
Nach der operativen Entfernung der überschüssigen Gewebeteile und der Parodontalbehandlung hat sich die Entzündungssituation deutlich verbessert. Die anschließende Antibiotikatherapie führte zu einer weiteren Verbesserung der Symptomatik. Eine regelmäßige häusliche Zahnhygiene durch den Besitzer kann zu einer dauerhaften Abheilung führen
Maulschleimhautentzündung / Stomatitis
Wie bei der Zahnfleischentzündung gibt es auch bei den Entzündungen der Maulschleimhaut eine Vielzahl von Ursachen. So sind verschiedene infektiöse Krankheitserreger (Baktereien, Viren, Pilze) bekannt, die bei Besiedlung eine Erkrankung hervorrufen können. Zu den bekanntesten zählen sicherlich die Herpes – Viren, die ja auch in der Humanmedizin weit verbreitet sind. Aber auch eigentlich harmlose Erreger können in bestimmten Fällen schwere Entzündungen hervorrufen, wenn die lokale immunabwehr der Maulschleimhaut gestört ist. In diesen Fällen kann eine sowohl überschießende als auch ungenügende Reaktion des Abwehrsystems die Folge sein. Eine solche Störung des Immunsystems kann durch angeborene Defekte ebenso ausgelöst werden wie durch eine Infektion mit einem Immunschädigenden Virus, z.B. einer Katzenleukose (FeLV) oder Katzenaids (FIV).
Da die Ursachen einen vielfältigen Ursprung haben und oftmals erst mehrere Faktoren zusammen zu einer Erkrankung führen, spricht man auch von einer „multikausalen Genese“ (multi = vielfältig, kausal = Ursache, Genese = Entstehung).
Da die Entstehung dieser Erkrankungen so vielfältige Ursachen hat, ist auch die Behandlung sehr unterschiedlich. Bakterielle Erreger werden mit Antibiotika bekämpft, Viren mit virenhemmenden Mitteln (Virustatika). Bei einer überschießend reagiernden Immunantwort können Cortisone oder ähnlich wirkende Präparate eingesetzt werden. Lokale Behandlungen der Schleimhäute mit chlorhexidinhaltigen Präparaten ( ähnlich dem Hexoral beim Menschen) werden durch auftragen durch den Besitzer durchgeführt. Bei einigen Patienten führt auch die Futterumstellung auf eine hypoallergene Diät zu einer Symptomverbesserung.
In Fällen, in denen die aufgeführten Therpieformen keinen ausreichenden Erfolg haben, kann die Extraktion der Backenzähne – oder im Einzelfall aller Zähne – eine zufriedenstellende Situation herbeiführen
Während der Behandlung
Dieser Katze wurde nach mehreren medikamentellen Therapien, die keine ausreichende Besserung der Situation brachten, zur Extraktion aller verbliebenen Zähne überwiesen. Die Kieferbögen sind hochgradig entzündet und geschwollen, das Zahnfleisch weist ebensolche Entzündungserscheinungen auf.
Die noch vorhandenen Zähne wurden extrahiert und eine lokale Schleimhautdesinfektion sowie eine systemische entzündungshemmende Therapie eingeleitet.
Nach der Behandlung
Fünf Tage nach der Behandlung erfolgte eine Kontrolluntersuchung. Die Schleimhaut der Kieferbögen ist abgeschwollen und nicht mehr so stark gerötet, das Zahnfleisch ist weitgehend symptomfrei.
Bei dieser Erkrankung kommt es zu knötchenartigen Zubildungen oder geschwürigen Läsionen der Maulschleimhäute. Häufig betroffen sind die Oberlippe und der Gaumen. In diesem Fall ist die Oberlippe auf beiden Seiten hochgradig verdickt und entzündet. Die Entzündung erstreckt sich auch auf die Innenseite der Oberlippe und behindert den Maulschluß, indem die Unterkieferfangzähne in die Oberlippe drücken.
Das nebenstehende Bild zeigt den selben Patienten in der Ansicht auf den Oberkiefer und den Gaumen. Im hinteren Gaumenbereich sind die knötchenartigen Zubildungen mit weißlichen Köpfen zu erkennen.
Die Therapie dieser Erkrankung besteht in der Gabe von Cortisonen. Es können auch Hormonpräparate eingesetzt werden, die jedoch Nebenwirkungen haben können und deshalb nur vorsichtig und unter Laborkontrolle der Blutwerte eingesetzt werden sollten.
In diesem Fall ist keine Unterscheidung in eine Zahnfleisch- oder Maulschleimhautentzündung mehr möglich. Sowohl die Zahnfleischbereiche als auch die Maulschleimhaut ist betroffen. Die Schleimhäute sind stark gerötet und geschwollen, sie fangen bei Berührung spontan an zu bluten. Bei weiter Maulöffnung, wie sie beim Gähnen erfolgt, geraten die Schleimhäute unter Spannung und reißen, was ebenfalls zu Blutungen führt.
Bei der Ansicht mit geöffnetem Maul werden die geschwollenen Schleimhäute deutlich sichtbar. Bei der Schließung des Maules geraten sie zwischen die Zähne und führen so zu weiteren Verletzungen
Bei der Betrachtung des Rachenraumes sind auch dort geschwollene und reaktiv überschießend gewucherte Schleimhautbereiche zu erkennen. Das Kauen und auch das Abschlucken der Nahrung ist eingeschränkt und schmerzhaft. Eine gestörte Futteraufnahme ist vorprogrammiert